Bemerkenswertes aus 125 Jahresberichten

Die Zeitreise durch 125 Jahre Geschichte der sozialen Institution Schloss Herdern deckt Bemerkenswertes, Erstaunliches, Berührendes, Lustiges und manchmal auch Erschreckendes auf.

 

1895

Nicht jeder Trinker kann in eine eigentliche Trinkerheilstätte eintreten. Für unbemittelte Trinker ist die Kolonie eine wahre Wohlthat. Gottlob sind die Fälle nicht selten, wo sich ehemalige Trinker in ihr dauernd an ein solides Leben gewöhnen und sich dabei wohl und glücklich fühlen. Diese werden gerne so lange behalten, als es irgend angeht, damit sie erstarken. Eingefleischten Trinkern, alten Schnapsern hingegen wird es bald unheimlich in der Kolonie; schon nach wenigen Tagen wollen Sie um jeden Preis wieder fort.

 

Hartnäckige Arbeitsscheu und Liederlichkeit finden keine Stätte.

 

Es wird übrigens ein ernstliches Augenmerk darauf gerichtet, nach Durchführung der für die Anstalt selbst unerlässlichen Arbeiten auch weitere Beschäftigungen mehr industrieller Art einzuführen, die der Anstalt einen Gewinn abwerfen, ohne dem einheimischen Handwerk Konkurrenz zu machen, z.B. Korbflechterei.

 

Eine besonders schwierige Aufgabe für den Verwalter bringt der Sonntagnachmittag. Es wird nach Kräften gestrebt, denselben in der Kolonie selbst möglichst angenehm zu gestalten, damit die Kolonisten vom Gedanken ans Wirtshaus entwöhnt werden. Neu Angekommene haben ihre Lebensgeschichte abzufassen, eine treffliche Gelegenheit zum Nachdenken über sich selbst. Briefpapier wird ausgeteilt, damit den Angehörigen Kunde wird vom Ergehen der oft so lange von ihnen Getrennten.

 

«Leselustigen steht eine kleine Anstaltsbibliothek zur Verfügung. Auch einige Spiele sind da, doch ist Kartenspiel ausgeschlossen. Mit Sangeslustigen wird vom Verwalter ein Lied eingeübt. Beim schönen Wetter spaziert man in den Anlagen des Schlosses, ruht im Schatten, pflegt die Turnkunst, spielt Kegel oder macht gemeinsam einen kleinen Ausflug in die Umgebung».

 

Solchen, die sich längere Zeit gut gehalten haben, werden gelegentlich auch Einzelausgänge gestattet, doch mit knapper Bemessung des Taschengeldes dafür und mit bestimmter Fixierung der Zeit. Die vertrauende Gewährung solcher Freiheit an bereits bewährte Kolonisten ist gewiss vom erzieherischen Gesichtspunkt aus nur zu billigen. Aber freilich ist es schon vorgekommen, dass solche Ausflügler von Bekannten, die ihnen begegneten und ihnen eine Wohltat zu erweisen meinten, in einer Weise freigehalten wurden, deren Spuren ihnen bei der Heimkehr ernsten Tadel zuzogen. 

 

1896

Zum zweiten Male tritt die schweizerische Arbeiterkolonie Herdern mit einem Jahresbericht vor die hohen Behörden, vor die Freunde der Anstalt und das allgemeine Publikum, zum ersten Male mit der Berichterstattung über ein vollständiges Betriebsjahr. Dieses Jahr hat aufs Neue den Beweis von dem grossen Bedürfnis nach einer solchen Anstalt erbracht, und, wie wir hoffen, zugleich den Beweis, dass Herdern sich in Treue bemüht, diesem Bedürfnis zu entsprechen, und dass es darum auch der dringend nötigen Unterstützung würdig ist.

 

«Eine Anstalt dieser Art ist in dem vielgestaltigen Leben der Gegenwart mit seinen Prüfungen und Versuchungen ein unbedingtes Bedürfnis».

 

Ganz besonders zu beklagen sind Leute, deren geistiger Gesundheitszustand nicht völlig normal ist. Wie oft werden solche, bei der gegenwärtigen Ueberfüllung der Irrenheilanstalten, in diesen nicht aufgenommen oder in einem Zustand entlassen, der noch eine gewisse Schonung und Rücksicht erheischt.

 

Unwürdige sollen den andern den Platz nicht versperren.

 

«Erschwert wird die Handhabung der Anstaltsordnung dadurch, dass die Kolonie in einem Dorfe mit mehreren Wirtschaften gelegen ist. Natürlich ist deren Besuch den Kolonisten unbedingt verboten, und mit Wegweisung bedroht. Aber es wäre besser, wenn die Versuchung nicht so nahe wäre. Ebenso macht sich die Schwierigkeit, ein Angestelltenpersonal zu finden, das nicht nur beruflich tüchtig ist, sondern auch Verständnis und Herz für die Aufgabe der Anstalt hat, nicht selten schmerzlich fühlbar». 

 

1897

Auch das so schwunghaft sich entfaltende moderne Verkehrswesen brachte uns nur 1 Bremser, 1 Telegraphisten. Dagegen ist es ein Hinweis auch eine bedauerliche Ueberfüllung des Handels mit Arbeitskräften, dass neben 1 Hausierer auch 3 Buchhalter und 12 sonstige Kaufleute in der Kolonie Zuflucht suchten und fanden. Auch Berufsarten von wissenschaftlicher Ausbildung waren nicht ohne Vertretung, indem 1 Tierarzt und 1 Architekt eintraten.

 

Von der Aufnahme von 4 Andern hielt der Umstand ab, dass sie bereits in der Arbeiterkolonie Tannenhof sich in gravierender Weise unmöglich gemacht hatten, und auf der den zwei schweizerischen Kolonien gemeinsamen schwarzen Liste standen.

 

Die Bauern von Herdern bringen ihre Milch gerne zur Käserei, und andere in weiterer Entfernung haben sich ihnen angeschlossen, bei denen die Milch durch das Fuhrwerk der Kolonie abgeholt werden muss. Die Zentrifugenbutter findet gute Abnahme in Frauenfeld, Stein, Schaffhausen, Basel. Die mit der Käserei verbundene Schweinemästung lieferte einen recht befriedigenden Ertrag, da der Stall seuchenfrei blieb und für die Schweine gute Preise bezahlt wurden.

 

1898

«Um zu fleissiger Arbeit anzuspornen, liess die Verwaltung, wann es angieng, im Akkord arbeiten».

 

1903

Herrn Louis Rivière in Paris, welcher in der Revue philanthropique vom 10. März 1903 eine sorgfältige Studie unter dem Titel «Les colonies agricoles suisse» hat erscheinen lassen, und darin auf Grund einsichtsvoller eigener Beobachtung bei einem persönlichen Besuche der Kolonie sowie auf Grund der gesamten bisherigen Veröffentlichungen eine umfassende und sehr anerkennende Darstellung von allen Verhältnissen der Kolonie gibt. Möge unser Vaterland der Kolonie immer tatkräftig zur Seite stehen, damit sie unter Gottes Segen ihre Aufgabe immer besser erfüllen könne zum Wohle des Ganzen!

 

«Die Theateraufführung wurde am Sylvesterabend für Gäste aus dem Dorfe wiederholt. Auch der Neujahrstag wurde festlich begangen. Das freundliche Verhältnis der Bevölkerung des Dorfes zu der Kolonie, das in diesen Zügen zu Tage tritt, gereicht uns zu besonderer Freude».

 

Auszug eines Dankesbrief an den Verwalter: «Ich weiss sehr wohl, was ich jenem Aufenthalt zu verdanken habe, und dass ich vielleicht ohne die dort genossene Güte verloren gewesen wäre…»

 

1904

«Die Kolonisten erhalten nach dem zweiten Frühstück 3 dl schwachen Most. Den Trinkern unter ihnen aber, denen die volle Abstinenz nachdrücklich empfohlen wir, erhalten Ersatzgetränke.
Auch auf die grössere Billigkeit einer Verwertung des eigenen Mostes wurde hingewiesen.
Es hat stets eine erhebliche Anzahl überzeugter Abstinenten in der Kolonie».

 

1907

Ferner wurde ein kräftiger Bursche, der schon dreimal in der Kolonie war, wegen Schlaffheit und mangelnden Bedürfnisses nicht aufgenommen, und endlich eine sich meldende Frau, weil die Kolonie nur für Männer eingerichtet ist. …. man hat anderwärts schon öfters die wiederholte Aufnahme in Kolonien beanstandet, indem sie geeignet sei, die Schlaffheit zu fördern und ein Kolonieproletariat zu erziehen. In der Tat wurde, wie erwähnt, aus diesem Gesichtspunkt ein sich Meldender nicht aufgenommen.

 

1908

«Der Verwalter lebt in der Kolonie völlig abstinent, ausserhalb derselben streng temperant. Eine schwere Aufgabe ist es, für die auch erzieherische Aufgabe immer geeignete Kolonieangestellte zu finden».

 

1909

Sehr erfreulich war ein Besuch des Vorsitzenden des Centralvorstandes deutscher Arbeiterkolonien Geh. Ober-Regierungsrat von Massow in Potsdam. An der Sitzung des Centralvorstandes vom 04.11.1909 berichtete er: «Ich habe eine private Reise nach der Schweiz dazu benützt, um einen Abstecher nach der Kolonie Herdern zu machen. Dieselbe überragt die meisten unserer deutschen Kolonien durch die Einrichtungen sowohl was die Räume der Kolonisten als auch ihre Beköstigung usw betrifft. Im Übrigen ist sie unsern Einrichtungen durchaus ähnlich; auch sind die Hauseltern, welche früher in einem Waisenhaus angestellt waren, auf einigen unserer süddeutschen Kolonien gewesen und haben den Gegenbesuch von deren Vorstehern erhalten. Ich habe die angenehmsten Eindrücke von diesem Besuch mitgenommen».

 

1910

«Wiederstrebende Elemente, die sich in keine Ordnung fügen können, gibt es indes unter einer so grossen Zahl durch die mannigfaltigsten Schicksale gegangener, meist von der Landstrasse kommender Leute natürlich immer».

 

«Die Kolonie ist seinerzeit mit Sorgen, aber auch in Hoffnung auf den Segen Gottes und die teilnehmende Hilfe unseres Volkes eröffnet worden. An Sorgen hat es nicht gefehlt bis zum heutigen Tage. Doch haben gerade die letzten Jahre die Sorgen erleichtert und die Freude gesegneten Gedeihens gemehrt».

 

1912

«Um für das künftige Futter Platz zu haben, mussten wir Heu verkaufen. Es sind denn auch 6 Wagenladungen zu gutem Preis abgesetzt worden. Wir taten das nicht gerne, weil es mit Recht heisst, wer Heu von seinem Gewerbe verkaufe, betreibe Raubwirtschaft. Aber unsere Platzverhältnisse sind derart, dass wir dazu gezwungen waren. Die Notwendigkeit einer neuen Scheune im Nebengute Debrunnen steht ausser Frage».

 

1913

«Betrifft Arbeitsbelastung Verwalterpaar: Zu den täglichen, ohnedies schon sehr mannigfaltigen Pflichten kommen noch die vielen Audienzen, die fortwährend erteilt werden müssen, und die vielen Korrespondenzen, deren im Betriebsjahr nicht weniger als 2749 zu erledigen waren». 

 

1916

«Um unsern Kolonisten, hauptsächlich an den Sonntagen etwas Unterhaltung zu bieten, haben wir die Gelegenheit benützt, durch Vermittlung des Herrn Pfarrer Wick in Herdern, ein schönes, grosses Orchestrion zu kaufen, das im Aufenthaltssaal aufgestellt wurde. Es funktioniert gut und findet immer eine sehr dankbare Zuhörerschaft. Wir konnten es für 500 Franken erwerben».

 

1917

«Einen grossen Einschnitt in unsere Haushaltung bedeutet die Rationierung der notwendigsten Lebensmittel. Es ging schwer, unseren Insassen begreiflich zu machen, dass es nicht anders möglich sei, und man sich ins Unvermeidliche fügen müsse. Wir hatten ihnen vorher besonders reichlich Brot gegeben. Jeder Kolonist konnte sich solches auf dem Tische nach Belieben nehmen. Nun beträgt die Ration ca. 400 Gramm».

 
«Von der Menge der zur Verwendung kommenden Kartoffel macht man sich einen Begriff, wenn man vernimmt, dass der Gebrauch für einen einzigen Tag, wenn auch zu Mittag solche verabreicht wurden, reichlich zwei Zentner betrug». 

 

1921

«Der Wald lieferte das nötige Brennholz und mit Hilfe des Torfes, den wir im eigenen Torflager gestochen haben, war es möglich, keine Kohlen kaufen zu müssen».


«… es wurde auch ein grosses Waldareal durchforstet, eine Lieblingsarbeit unserer Kolonisten».

 

1922

«Herr Verwalter Castelberg sagt, das Schimpfen ist heue Mode. Man schimpft über den Bund, über die Regierungen, über die Herren Pfarrer, kurz über Alles, da darf wohl beim Verwalter der Kolonie keine Ausnahme gemacht werden». 

 

1924

«Es fehlt eben heute noch an Bewahrungsanstalten zu zwangsmässig bleibender Beherbergung». 

 

1928

Der Wirt, der an diesen Verfehlungen mitschuldig ist, wurde von der Anstaltsleitung zwei Mal verwarnt, und weil diese Massnahme nichts fruchtete, dem zuständigen Bezirksamt verzeigt, das ihm eine gesalzene Busse auferlegt und im Wiederholungsfall mit Schliessung der Wirtschaft drohte. Seither sind die Verhältnisse besser geworden.

 

«Zum Schluss drängt sich uns noch ein Dankeswort in die Feder…» 

 

1929

«Am meisten Mühe und Arbeit verursachen die jüngeren Elemente. Hauptsächlich aus den Städten Zürich und Basel erscheinen oft ganz widerspenstige Burschen, die für freundliches und ernstes Zureden und jeden guten Rat nur Spott übrig haben. Diesen ist die Hausordnung der Kolonie zu eng, und sie verlassen diese gewöhnlich nach kurzem Aufenthalt».

 

1936

«Die 4 Zugochsen, die den Dienst eines kostspieligen Traktors versehen, haben durch ihre Zugarbeit laut Buch Fr. 1948.15 verdient».

 

1937

«Man sucht vergeblich nach Traktor, nach moderner Jaucherohranlage, nach Sortiermaschine in der Kiesgrube, nach dem Motor an der Futterschneidemaschine. Dieses Fehlen maschineller Einrichtungen ist nicht etwa ein Mangel an Einsicht in die Leistungsfähigkeit der Maschine im grossen Landwirtschaftsbetriebe zurückzuführen, sondern gerade auf die grosse Einsicht in die Notwendigkeit der Arbeitsbeschaffung für die zahlreich vorhandenen Arbeitskräfte».

 

1940

Zum Rücktritt aus dem Direktionskomitees von Tierarzt Adolf Merk: Wir lassen diesen alten Kämpen, der funkelnden Auges seine Ideen verfocht, gar ungern ziehen. Möge er auch fernerhin das Interesse an der Arbeiterkolonie bewahren, er wird stets ein gern gesehener Gast sein.

 

1943

Das Quantum an Speisen, die auf den Tisch gebracht werden, hat vor dem Krieg zur Ernährung von 108 Kolonisten genügt (1943 ca. durchschnittlich um die 70 Kolonisten). Dieser Mehrkonsum mag teilweise aus Angst, nicht genug zu bekommen, bedingt sein, teilweise ist er aber auch auf die Brotrationierung zurückzuführen.

 

Ausdehnung des Artillerie-Waffenplatzes Frauenfeld: Wegen der Ausdehnung des Zielgebietes auf dem rechten Ufer der Thur werden Landbesitzer enteignet, was sehr grosse Existenzsorgen bereitete, nicht nur bei der Kolonie Herdern. Sogar Ständerat Dr. Wahlen, zuständig für das Anbauwerk, setzte sich für die Landbesitzer ein.

 

1944

In der Regel verstehen unsere Kolonisten nicht, das Leben zu meistern; das Leben nahm vielmehr sie bei der Hand und führte sie den Weg, der bei den Willensschwachen meist abwärts, statt aufwärts geht.

 

1947

«Im Jahre 1947 wurde das alte Büro erneuert: Das alte Feuerhörnli, die Jagdgewehre und die gerahmten Urkunden über Viehprämiierungen sind verschwunden; neue Pulte und Rollschränke stehen in dem hell gestrichenen Raum, der nun mit Recht die Bezeichnung Bureau verdient.»
«Auch die äussere Gestaltung der Anstalt durfte nicht vernachlässigt bleiben. Das Hauptgebäude ist vollständig renoviert und die Steinrahmen sind sorgfältig bearbeitet worden. Die schönen barocken Formen der Anlage kommen wieder zur vollen Geltung, so dass das Gebäude dem Namen «Schloss Herdern» Ehre macht und eine Zierde des Thurtales darstellt».


Die Anlage ist nun aber nicht etwa übertrieben ausgestattet und auch nicht mit allen möglichen Annehmlichkeiten versehen worden, so dass nicht von einer Gefahr der Verwöhnung oder der Verweichlichung der Insassen gesprochen werden könnte. Ein jeder Besucher wird feststellen, dass nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig für die Kolonisten getan wurde.


Der Weinberg lieferte einen köstlichen Tropfen, der 99 Grad Oechsle wog! 

 

1948

«Die Kolonie bildet vielfach die letzte freie Station vor der Einweisung in eine Trinkerheil- oder Verwahrungsanstalt. Die Angestellten sind keine Wärter, sondern Vorarbeiter einer Arbeitsgruppe; sie halten die Disziplin unter diesen oft schwierig veranlagten Menschen aufrecht durch ihr Vorbild und Verständnis».

 

1950

Jahrzehntelang rekrutierten sich die Insassen der Kolonie aus Vaganten, welche sonst als Stammgäste von einer Wanderherberge zur andern ziehen, mit einem 5-Frankenstück in der Tasche, das sie bei jeder Polizeikontrolle vorweisen, um nicht wegen Mittellosigkeit «per Schub» in die «gefährliche» Heimatgemeinde geschafft zu werden.


Professor Dr. Heinrich Kesselring war selbst aktiver Abstinent und widmete sich bis in sein hohes Alter neben seiner Professur der Trinkerfürsorge: er ist auch der Gründer der Trinkerheilanstalt Ellikon.

 
1899 wurde durch Mehrheitsbeschluss des Direktionskomitees versuchsweise das Alkoholverbot in der Kolonie angeordnet. Die Folge war, dass die Kolonisten am Sonntag Mittag, ihrem Ausgangstage, Alkoholexzessen ausgesetzt waren. Sei es aus dem unstillbaren Drang des Alkoholsüchtigen oder sei es aus Trotzeinstellung gegen das Verbot: es ergaben sich jeden Sonntag einige der Kolonisten übertriebenem Alkoholgenuss, so dass sie polizeilich eingeliefert oder mit dem Fuhrwerk in die Kolonie zurückgebracht werden mussten. Sodann wurde heimlich Schnaps in die Anstalt geschmuggelt, um sich dem stillen Trunk zu ergeben. Die schwerste Folge aber war das Schwinden des Vertrauens in den Anstaltsvater. Nach einem Jahre wurde das Alkoholverbot wieder ausgehoben. Es zeigte sich, dass eine offene Anstalt nicht nach den gleichen Grundsätzen wie ein Gefängnis oder eine Erziehungsanstalt geführt werden kann.

 

1951

«Es braucht die Begabung der Menschenbehandlung, durch aufmunternden oder humorvollen Zuspruch des Vertrauen eines misstrauischen und zudem niedergedrückten Mannes zu gewinnen, oder den Widerstrebenden und Unbelehrbaren durch ein kräftiges Donnerwetter in die Schuhe zu stellen.»
Dabei ist zu beachten, dass die Kolonie kein Altersasyl ist. Nach den Statuten sollen nur gesunde und arbeitsfähige Männer aufgenommen werden.
Weihnachten: «Jeder Kolonist erhielt als Tischkarte eine neue ungefaltete 5-Fr.-Note sowie ein Paket mit Unterwäsche oder mit einem warmen Pullover im Werte von Fr. 20 – 30 und dazu noch Raucherwaren».

 

1952

«Voraussetzung für dieses Zusammenleben ist, dass der Einzelne sich im ganzen zu Hause fühlt. Dazu sind in den letzten Jahren die äusseren Voraussetzungen geschaffen worden. Der Aufenthaltsraum mit seine Lese- und Plauderecken mit den gruppenweisen Tischen und Bänken, die zum Spielen einladen, der Esssaal mit seinen mächtigen Speisetischen, die neuen Schlafzimmer für vier und acht, a sogar das nicht bei allen beliebte Bad, alles soll dazu mithelfen, dass ein jeder sich daheimfinden möge».


Gerne wünschten wir unserem Borstenvieh ein freundlicheres Wohnen. Die Stallungen sind während Ihres bald 45-jährigen Bestehens sehr baufällig geworden und es vergeht kaum eine Woche, wo nicht irgend etwas geflickt werden muss. Deshalb muss in den nächsten Jahren an den Bau einer neuen Schweine-Stallung gedacht werden.

 
Es ist schade, dass wir den Gemüsebau nicht mehr forcieren können, aber wenn die Arbeitskräfte fehlen, lässt man lieber die Hand davon.

 

1953

Spätfrost Mitte Mai 1953 setzte den Rebstöcken zu: Zufolge des schönen Frühjahrswetters waren die Schosse schon so weit, dass die Gescheine herausschossen. Der Frost hat ganze Arbeit geleistet. Kein Stock blieb verschont. Die jungen Triebe wurden schwarz und dorrten ab. Nun mussten die verstümmelten Rebstöcke erst recht gepflegt werden, um Fruchtholz fürs folgende Jahr zu erhalten. Das Ernteergebnis waren 3 kg Trauben.

 
Dem Bedürfnis nachkommend, die Menus für die Kolonisten abwechslungsreicher zu gestalten, haben wir eine elektrische Bratpfanne, ausreichend für 100 Personen, angeschafft. Was die Männer ganz besonders schätzen, ist die wohlschmeckende Rösti auf dem Abendtisch. 

 

1955

Der Jahresbericht ist jedenfalls die einzige Gelegenheit, da die Arbeiterkolonie Herdern ins Rampenlicht der Öffentlichkeit tritt – und auch da nur im Kreise ihrer Freunde. Sonst hört man kaum etwas von ihr. Vielleicht ist das das beste Zeugnis, das man ihr überhaupt ausstellen kann. Es geht bei Anstalten so wie bei den Hausfrauen: ihre Leistung blüht im Verborgenen und die beste ist die, von der man am wenigsten spricht.

 

1956

Der letzte Handwerksbursche, der freiwillig die Arbeiterkolonie aufsuchte, ist im Berichtsjahre gestorben. Er war ein alter Kunde. Mit den Jahren wurde die Zeit des Wanderns in der Freiheit immer kürzer, der Aufenthalt in der Kolonie immer länger. Aber jedes Jahr verabschiedete er sich noch für einige Tage. Er steckte dann etwas Geld zu sich und tippelte aus dem Hof in die Freiheit. Wenn er aber seine Wanderlust gestillt hatte, kehrte er in die Kolonie zurück, wo er immer wieder Aufnahme fand. Man hatte Verständnis für ihn, und er wusste, dass man es dort gut mit ihm meinte. Auch in diesem Herbst ist er wieder ausgezogen, um nicht mehr zurückzukehren.
Von den heutigen Kolonisten ist keiner freiwillig in die Kolonie Herdern eingezogen. Alle sind behördlich eingewiesen worden, die meisten sind Alkoholiker und bevormundet. Der Alkoholismus ist in der Regel sekundäre Erscheinung einer ursprünglich psychischen Störung, verbunden mit vielfachen Enttäuschungen. So wurde die Kolonie im Laufe der Jahrzehnte aus einem Heim für Obdachlose, welche sich freiwillig dort eingefunden haben, zu einer Anstalt für Haltlose, welche behördlich eingewiesen sind.
Die Anstaltsleitung ist bestrebt, ihre tüchtigen Angestellten möglichst lange zu erhalten. Deshalb wurden schon seit Jahren den verheirateten Angestellten schöne Wohnungen zur Verfügung gestellt. Die Räume werden sorgfältig unterhalten. So tritt nur unter den ledigen und jüngeren Angestellten gelegentlich ein Wechsel ein, während die Verheirateten in Herdern sesshaft geworden sind. Die Kolonie hat heute Wohnungen für den Buchhalter, den Oberaufseher, den Gärtner, für einen Melker, den Käser und für den Alphirten. Auf diese Weise sind die Anstellten mit dem Betrieb verwachsen und bilden einen Teil der grossen Anstaltsfamilie.

 

1957

Besonders die jungen Burschen, die mehr und mehr zu einer Art Nacherziehung nach Herdern kommen, bereiten manche Schwierigkeiten.
Darum ist der Verwalter jeden Sonntagabend um 1/27 Uhr beim Nachtessen auf dem Posten, um an diesem gefährlichen Ausgangstag seine Mannschaft in aller Ruhe und Bestimmtheit beisammenzuhalten. Wer seine Sonntagsfreiheit missbraucht, weiss, dass er sie nun für lange entbehren muss. Die Ruhe am Sonntagabend zeugt davon, dass hier am rechten Ort die Zügel angezogen werden.


Von den 9 Pferden musste zwei altershalber abgetan werden. Sie wurden durch zwei 4-jährige Freiberger ersetzt. Der heutige Pferdebestand wird auch in Zukunft beibehalten werden. Traktor und Lastwagen werden nur beim Stossbetrieb aus den Garagen geholt.

 

1958

Dass es unter einer so grossen Zahl Gestrauchelter solche gibt, die sich nicht mehr aufzufangen vermögen oder wollen, muss hingenommen werden. Solche Elemente sind es auch nicht wert, die Vorteile einer offenen Anstalt zu geniessen; sie werden der Behörde wieder zur Verfügung gestellt und in einer geschlossenen Anstalt untergebracht.

 

1959
Der Obstbau rentiert nicht. Die Aufwendungen für die Düngung, den Schnitt, die Schädlingsbekämpfung und die Ernte, wie auch die Einbusse der Unterkulturen sind grösser als der Ertrag. In dieser Erkenntnis haben wir unsern Baumbestand von 1100 auf 700 reduziert. 

 

1961

Betriebskommission: Zu den üblichen Geschäften kam auch die Beratung über die Anlage des Eingangs in die schön restaurierte Kirche von Herdern, wozu die Kolonie nicht nur einen Beitrag leistete, sondern auch ein Entgegenkommen in Bezug auf die Anlage des Kirchplatzes an die Grenze des Schlosshofes der Kolonie gewährte.


Es war ein gesegnetes Jahr, das noch unter der Leitung von J. M. Castelberg begonnen hatte. Die Kulturen standen herrlich und versprachen eine reiche Ernte, als ein schwer kranker Mann, dem der Betrieb der Kolonie ans Herz gewachsen war, in aller Stille aus dem Schloss getragen wurde, damit die Rührung und der Schmerz ihn und diejenigen, die er verlassen musste, nicht übermannte, nachdem er während 28 Jahren seine ganze Arbeitskraft und seine Lebensfreude für das Gedeihen der Arbeiterkolonie eingesetzt hatte. Es war J. M. Castelberg nur noch eine kurze Zeit vergönnt. Er konnte noch vom Auto aus zu sehen, wie eine reiche Ernte eingebracht wurde. Er sah noch die Trauben blauen. Doch nahmen die Kräfte des einst so kraftvollen Mannes rasch ab, bis er am 2. Dezember 1961 das Zeitliche segnete. 

 

1962

In diversen Jahresberichten wird erwähnt: dass im Herbst wiederum 10 Mann mit 1 Aufseher während 6 Wochen im Mostereibetrieb Märstetten beschäftigt werden. Auch wird erwähnt, dass der finanzielle Ertrag der auswärtigen Arbeit mit dazu beiträgt, das soziale Werk der Kolonie selbsttragend zu erhalten.

 

«Wir haben ebenfalls in einem früheren Jahresbericht betont, dass Herdern keine Renditebetrieb, sondern eine Erziehungsanstalt für seine Insassen sein will. Diesem Ziel ist seit je die Verwendung von Maschinen untergeordnet worden. Mit der Handarbeit soll der Wille geschult und die Freude an einer geregelten Beschäftigung wieder geweckt werden».

 

1963

«Die Anstalt ist unter dem Grossvater Castelberg durch weitsichtige Landkäufe erst lebensfähig gemacht worden. Der zweiten Generation fiel es zu, Schulden abzuzahlen und durch den Ausbau und die Renovation der Anstaltsgebäude Verbesserungen mancher Art vorzunehmen. Die dritte Generation wird sich darum mühen müssen, in den sich ständig veränderten Verhältnissen der Gegenwart die Offenheit für alles Gute gegen innen und aussen zu bewahren. Wie früher der gesamte Gewinn in die Verbesserung des Betriebes gesteckt wurde, so muss auch heute die Landwirtschaft dazu dienen, den Haushalt tragfähig zu machen für die vielen Aufgaben an den der Kolonie anvertrauten Menschen».

«Die zweite Schwierigkeit liegt darin, dass rein körperlich die Leistungsfähigkeit der Leute stark abgenommen hat. Männer, die einen Doppelzentner auf dem Rücken tragen können, sind eine Seltenheit. Man ist eben die strenge Leibesarbeit nicht mehr gewöhnt. Aufzüge, Heber und Transportmaschinen haben sie überflüssig gemacht. Darum ist es viel schwieriger geworden, die Männer sinnvoll zu beschäftigen, deshalb kommt man um den vermehrten Einsatz von Maschinen nicht mehr herum. Man sieht: an Problemen fehlt es auch heute nicht, sie sind nur anders als früher».


«Ein zweiter Todesfall eines Insassen hat uns alle nicht weniger stark betroffen. Er wurde am 30. Juni im Glarnerland das Opfer eines Raubmordes».

 

1964

Da die Marge auf der zentrifugierten Milch gegenüber der verkästen immer wieder gekürzt wurde, und die Genossenschaft ihre Ansprüche auf entgangene Käseprämien geltend machte, nahmen wir auf Ende Jahr die zusätzliche Fabrikation von Appenzellerkäse auf. Die Produktion ist in Bezug auf Qualität sehr gut angelaufen. Heute werden täglich 1400 kg auf Tilsiter und 1000 auf Appenzellerkäse verarbeitet.

 

1965

«Es treten immer weniger handwerklich begabte Kolonisten ein. So ist die Situation unerfreulich, dass kleinste Reparaturen nicht mehr durch betriebseigene Handwerker ausgeführt werden können, da sie uns fehlen».

 

1966

«So sucht die Kolonie in den veränderten Verhältnissen ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Wir können zum Schluss nur den Wunsch aussprechen, dass die Herren von den Vormundschaften und Fürsorgebehörden, wenn sie Versorgungen vorzunehmen haben, auch an unsern Betrieb denken. Die Verwaltung ist gerne bereit, das Haus den Versorgern zu zeigen, damit sie sich vergewissern können, dass Ihre Leute hier recht aufgehoben sind». 

 

1968

Im Jahresbericht wird erwähnt, dass neuerdings auch Invalide aufgenommen werden und dass es schwierig ist, diese angemessen zu beschäftigen. Es wird darüber nachgedacht, sie extern arbeiten zu lassen.


Personelles: Seit einigen Jahren gibt es Personalprobleme. Es wird zunehmend schwieriger, speziell im Anstaltswesen, geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren.


«Unsere Arbeiterkolonie wird je länger je mehr zum Altersheim für geistig und körperlich angeschlagene Männer».


«Unbefriedigend fiel die Kartoffelernte aus. Die laufend verschärften Qualitätsansprüche als Folge der Überproduktion haben uns bewogen, zukünftig diese Kultur, wenn nicht gänzlich aufzugeben, so doch nur noch im Umfang der Selbstversorgung beizubehalten, eine betriebswirtschaftliche Vereinfachung also, wie sie sich vor Jahren schon im Obstbau aufgezwungen hat».


«Der erstmalige Anbau von Zuckerrüben hat einen guten Ertrag gebracht». 

 

1972

Baulicher Zustand der Kolonie ist allgemein ganz ungenügend. Die Weiterführung der Kolonie Herdern ohne ganz wesentliche bauliche Umänderungen ist nicht zu verantworten.
Allerdings muss bei dieser Gelegenheit jedoch betont werden, dass eine Sanierung der Anstalt mit eigenen Mitteln unmöglich ist. Nach wie vor sind wir auch bei der Deckung der Betriebskosten auf freiwillige Beiträge seitens der Kantone und Privater angewiesen. 

 

1974

Im Berichtsjahr war es uns möglich, für unseren Heimbetrieb eine regelmässige psychiatrische Betreuung zu organisieren. In verdankenswerter Weise stellten sich Herr und Frau Professor Dr. Kuhn von der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen für diese Aufgabe zur Verfügung.


Aus einer Insassenanalyse, die zu Handen der Eidgen. Invalidenversicherung und der Mitgliedkantone ausgearbeitet worden ist, geht das Bedürfnis einer solchen Betreuung klar hervor. Von total 47 Insassen mussten 42 als debil eingestuft werden, wovon mehr als die Hälfte weitere gravierende psychische Störungen aufweisen. So finden wir unter ihnen 14 debile Psychopathen, 6 debile Schizophrene und 3 debile Kleptomanen. Im Weiteren wurden noch 2 Psychopathen und 3 Imbezille ermittelt. Bei 11 Männern treten neben die geistige Behinderung noch körperliche Gebrechen…


Bei einer sorgfältigen Beurteilung unserer Insassenanalyse müssen wir deshalb konstatieren, dass nur rund 10 Prozent unserer Insassen mit Erfolg wieder in die Freiheit eingegliedert werden können.

 

1975

Die Betriebskommission erarbeitet eine neue Hausordnung, ein Organigramm des Betriebes und den Stellenplan.

 

«Im Zuge der Vorbereitungen des Sanierungsprojektes, wie auch in dessen Realisierungsphase ab Mitte Jahr, war der Heimbetrieb vielen Erschwernisse ausgesetzt. Vor der Volksabstimmung im Kanton Thurgau über einen Baubeitrag in der Höhe von 2 Mio. Franken, wurden rund 4'000 Personen durch den Betrieb geführt. Dazu wurden rund 30 Veranstaltungen in Vereinen und politischen Organisationen bestritten, zum Zwecke eines besseren Verständnisses für unsere soziale Institution».

 

1981

Die Tätigkeit mit vor allem geistig behinderten Menschen setzt eine Dezidiertheit im persönlichen Bereich, Charakterstärke und ein gutes fachliches Ausbildungspotential voraus. Aus diesem Grunde bemühen wir uns, das Personal in externen und internen Kursen weiter auszubilden. «Im Dezember organisierten wir, zusammen mit der Arbeitserziehungsanstalt Kalchrain einen Kurs über Psychologie in der Alltagsarbeit. Als Kursleiter stellten sich in verdankenswerter Weise Herr Pfarrer W. Nafzger, Hüttwilen und Herr Oberpfleger E. Wyrsch, Münsterlingen, zur Verfügung.»


1981 wird darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Beschäftigungsbereich ist – es arbeiten rund 30 Männer dort. Auch in den geschützten Werkstätten fanden im Durchschnitt 30 Männer eine angemessene Beschäftigung. Um den Absatz der in eigener Regie fabrizierten Spielwaren zu gewährleisten, ist aber eine sinnvolle Werbung unerlässlich. So waren wir wieder mit einem Stand an der WEGA vertreten. Wobei es uns gleichzeitig ein Anliegen war, die Ausstellungsbesucher über unsere Arbeit im Allgemeinen zu informieren.

 

1982

Betriebskommission: «Haupttraktandum unserer Sitzungen war die Verwirklichung der Biogas-Anlage, die wir im Zuge der Gesamtenergiekonzeption mit der Genehmigung der Zentralkommission beschlossen haben. Wir sind uns bewusst, dass wir uns damit auf einen Pilotversuch eingelassen haben, hoffen aber, dass das Unternehmen uns der grösstmöglichen Unabhängigkeit in der Energieversorgung einen Schritt näherbringt. Die Ausführung wurde der Binotech AG in Roggwil übertragen».

 

1983

Die Zentralkommission bewilligt einstimmig einen Kredit von Fr. 330'000.- für den Erwerb von 131 Aren Land, einschliesslich 22 Aren Bauland. Die Parzelle grenzt an den Grundbesitz der Kolonie und würde unter anderem zu Arrondierung des Rebberges verwendet. Mit dem Erwerb dieser Parzelle möchte die Kolonie verhüten, dass in unmittelbarer Nähe koloniefremde Gebäude erstellt würden. Der Nachbar und Besitzer ist bereit, das Land als Ganzes zu überlassen (Grundstück Oklé).

 

Ständig erschien auf der Traktandenliste der Betriebskommissionssitzungen die Biogasanlage, die in Betrieb steht, aber unter verschiedenen Kinderkrankheiten leidet.

 

1984

Sinn und Ziel der Kolonie Herdern ist in ihrem Untertitel «Heim und Wiedereingliederungsstätte für körperlich und geistig behinderte Männer» kurz und prägnant umschrieben.

Die IV möchte, dass die Kolonie vermehrte Anlehrmöglichkeiten im Betrieb bietet. 

 

1985

Die schweizerische Kolonieleiterkonferenz (welcher 5 ähnlich gelagerte Betriebe wie Herdern angehören) bietet Weiterbildungsmöglichkeiten für das Personal.

 

1986

 «Den grössten «Brocken» bei den Aufwendungen in dieser Sparte bildet jedoch die Anschaffung unserer EDV-Anlage, die eine Aufwand von rund Fr. 130'000.- erfordert».


Im letzten Jahr hat die Zentralkommission einen Kredit von Fr. 550'000.- für den Ankauf einer Liegenschaft im Oberdorf zugestimmt. Diese Liegenschaft ist gedacht für ein 2-Familien-Personalwohnhaus für welches noch einiges aufgewendet werden muss.

 

1987

Die nicht volle Belegung von maximal 84 Personen hat sich auf den Gesamtbetrieb, wenn auch nicht wirtschaftlich, so doch betrieblich positiv ausgewirkt. Vor allem konnten wir das negative Image einer permanent überfüllten Anstalt abbauen und den Versorgern bei kurzfristigen Anliegen besser entsprechen.

 

1988

 «In keiner Zeitspanne zuvor hat sich im Sozialwesen ein derartiger Wandel vollzogen wie in den letzten 20 Jahren. Dies erfordert von den auf diesem Gebiet tätigen Personen und Institutionen eine grosse Flexibilität. Vor 15 Jahren suchten wir für unsere zwar bewährte, aber den damaligen Zielsetzungen nicht mehr genügende Kolonie eine Konzeption. Diese konnte gefunden werden, indem die Aufgaben anders beleuchtet wurden und sich der Betrieb vermehrt der Psychiatrie öffnete». 

 

1989

 «So stehen wir heute, was sich seit Jahren bereits abgezeichnet hatte, in einem gewissen Umbruch. Wir haben schwierigere Leute, mit welchen schon viel experimentiert wurde, und die angestrebte und oft auch erfolgreiche Resozialisierung ist immer seltener möglich».


Gutsbetrieb: «So hatten wir trotz Widerwärtigkeiten bis heute immer noch ein Pferd gehalten und wir hoffen, dass es wieder einmal einen Fuhrmann gibt, der mit diesem Tier umgehen kann».


«Eine grosse Freude bereitete uns die Nachricht, dass der Blauburgunder von Herdern Schlossgut an der Expovina mit der grossen Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Es ist dies der erste Thurgauer Wein, der diese Auszeichnung erreicht hat».

 

1992

Im Bereich der psychiatrischen Betreuung hat Prof. Dr. med. Roland Kuhn seine langjährige Tätigkeit beendet. Er hat während Jahrzenten (ca. 20 Jahre) zusammen mit seiner Frau unsere Heimbewohner auf ausgezeichnete Weise betreut. Dr. Markus Huber, Frauenfeld übernimmt die Nachfolge von Prof. Kuhn.


«Die Kolonieweihnacht wickelte sich in einem anderen Rahmen als in früheren Jahren ab. Im Herbst formiert sich eine Gruppe von 13 Männern, die das Theaterstück «Der verlorene Sohn» einstudierte. Obwohl es zu Beginn nicht leicht fiel, genügend Männer für dieses Projekt zu gewinnen, bildete sich mit der Zeit eine Gruppe, die sich mit viel Engagement und Enthusiasmus intensiv auf die Aufführung im Rahmen der Weihnachtsfeier vorbereitete. Das Projekt war so erfolgreich, dass später eine Aufführung für ein weites Publikum eingeplant wurde. Dabei liessen sich über 80 Personen aus Herdern und dem Bekanntenkreis der Heimbewohner von den grossen Leistungen der Schauspieler begeistern».

 

1994

Der Rebberg der Kolonie Herdern wurde nach dem Umstelljahr 1993 dieses Jahr als IP (integrierte Produktion) / VINATURA (Schutzmarke für IP-Weine) Betrieb zertifiziert.

 

1995

Der traditionelle Ausflug der Heimbewohner wurde im vergangenen Jahr nicht durchgeführt. Stattdessen waren die Heimbewohner zu sämtlichen offiziellen Feiern eingeladen und erhielten einen finanziellen Zustupf fürs Jubiläumswochenende, damit auch sie Gelegenheit bekamen, mit den vielen Besuchern mitzufeiern.


Am 22. September ging das ganze Personal am Mittag auf einen Ausflug. Jeder Mitarbeitende hatte aus dem eigenen Freundeskreis einen Ersatz für sich gesucht, und so wurde der ganze Heimbetrieb für den Nachmittag und Abend in fremde Hände gelegt. Das Personal genoss es, einmal unbeschwert einen Nachmittag und Abend miteinander verbringen zu können. Dem Vernehme nach haben es auch die Heimbewohner geschätzt, einmal ein neues Gesicht kennenzulernen, der Heimbetrieb lief reibungslos.

 

Ein Organisationshandbuch regelt die wichtigsten Arbeiten und Abläufe im Betrieb. Beim sogenannten «Sozialtreffpunkt» kommen 14-täglich sämtliche Mitarbeitende zu einer gemeinsamen Kaffeepause und zum gemeinsamen Erfahrungs- und Informationsaustausch zusammen.

 

1996

Drei Punkte, die das vergangene Jahr prägten: Errichtung einer neuen Heizzentrale (alte Heizung wurde ersetzt durch eine moderne Holzschnitzelheizung) inkl. Erneuerung der Fernleitungen. Ein einjähriger Versuchsbetrieb mit kontrolliertem Alkoholausschank wird aufgenommen. Peter Böni aus Lanzenneunforn begleitete im Rahmen seiner Diplomarbeit als Sozialpädagoge den Versuch.

 

Wegen des rauen wirtschaftlichen Klimas war es für die wiedereingliederungsfähigen Heimbewohner fast hoffnungslos, in der freien Wirtschaft wieder echt Fuss zu fassen. Diese Situation stellt auch wieder grössere Anforderungen an das Personal, das die Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Resignation der Heimbewohner auffangen und zumindest teilweise auch mittragen muss. Dazu kommt, dass die Behinderungen der neu eintretenden Heimbewohner immer komplexer und vielfältiger werden. Eine weitere Folge der anhaltenden Rezession ist das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit. Gerade labile Charaktere laufen bei langer Arbeitslosigkeit Gefahr, sozial zu verwahrlosen. Immer mehr werden von Fürsorgestellen Arbeitsplätze für Menschen gesucht, die eine feste Tagesstruktur benötigen, aber weiterhin in ihrem bisherigen Umfeld wohnhaft bleibe können. Dies hat zu einem markanten Anstieg der extern Wohnenden geführt.

 

Ein Leitsatz, den sich schon die Gründerväter unserer Institution vor mehr als 100 Jahren auf die Fahne geschrieben haben, ist nach wie vor ein tragendes Element unserer Tätigkeit: Man muss Menschen mögen! 

 

1999

Umbau Trotte. Zwischen September und November 1999 wurde die Trotte, in deren Erdgeschoss der Küchenbetrieb und der Esssaal untergebracht sind, wesentlich erneuert. Vor vielen Jahrzehnten bereits hatte die «Trotte» ihre eigentliche Zweckbestimmung, nämlich jene der Weinherstellung, verloren. Bereits vor dem zweiten Weltkrieg diente das Gebäude als Nachtlager für die Insassen. 1945 schliesslich wurden die Schlafsäle umgebaut. Fortan wirtschaftete man im Trottegebäude mit 5 Schlafräumen zu je 7 Betten, einem Krankenzimmer und einem Magazin. Zusammen mit den restlichen Schlafsälen (insgesamt 2 Säle zu 20 Betten, 5 Säle zu 7 Betten) verfügte man über 75 Plätze. Mit dem Um- und Erweiterungsbau im Jahre 1970 entschied sich die Zentralkommission für ein Neukonzept. Neu sollten 3 – 6 Gruppen von Heimbewohnern getrennt geführt werden können. Für 2/3 der Heimbewohner stellte man Einbettzimmer zur Verfügung, für 1/3 Zwei- und Dreibettzimmer. Seit damals existiert auch der Speisesaal, der gleichzeitig als Mehrzweckraum für verschiedene Veranstaltungen dient.


Am 30. April 1999 brachten die Bauern von Herdern zum letzten Mal ihre Milch in die Schlosskäserei. Am 1. Mai trat die neue Milchmarktordnung in Kraft.

Die Invalidenversicherung (IV) klagt über die alarmierende Zunahme von Rentenbezügern in den letzten Jahren. Seit 1990 sind jährlich rund vier Prozent mehr neue Bezüger hinzugekommen. Auffallend ist dabei ein wachsender Anteil von sogenannten psychischen Erkrankungen, zu denen inzwischen rund ein Drittel aller Neuzugänge zählen.


12. Juni Tag der offenen Tür gemeinsam mit der Raiffeisenbank Herdern mit Festwirtschaft und Abendunterhaltung in der umfunktionierten Maschinenhalle.

 

2000

Schloss Herdern wird Ende 2002 als eine der ersten Institutionen ihrer Art nach den Normen ISO 9001 sowie des Bundesamtes für Sozialversicherung zertifiziert.
Im November musste der Mühlenbetrieb eingestellt werden, nachdem ein Heimbewohner einen Brand gelegt hatte. Dadurch ging ein Heimbewohner-Arbeitsplatz verloren. Die selbst produzierten Futtergetreide müssen seither einem Lohnfutterwerk zur Verarbeitung zugeführt werden, weil sich eine Wiederinstandstellung nicht mehr lohnt. Das Gebäude dient künftig als Lagerraum für verschiedene Betriebszweige.

 

2001

Was aus einer Diplomarbeit entstand, ist mittlerweile ein unübersehbarer Bestandteil von Schloss Herdern: die Kulturgruppe mit dem sinnigen Namen «Castle Flyers». Als Co-Leiterin der Beschäftigungsstätte von Schloss Herdern wagte Marianne Bosshard den Versuch, bei den Heimbewohnern kulturelle Interessen zu wecken. Fünf grundverschiedene Männer haben in der Kulturgruppe etwas gefunden, das ihrem Alltag zusätzlichen Sinn verleiht. «Es geht darum, dass jeder einzelne ein höchstmögliches Mass an Selbständigkeit erklängt», erklärt Marianne Bosshard das Ziel ihrer Diplomarbeit. «Die Gruppe soll möglich vieles selber planen und verwirklichen». Marianne Bosshard hilft nur ab und zu, wenn es irgendwo harzt.

 

Im Rahmen einer Neuorientierung beschloss die Leitung von Schloss Herdern 1993 den Alkoholkonsum in kontrolliertem Masse zu erlauben. Aus dem Projekt mit dem Namen «Wägwiiser» entstanden wirklich wegweisende Neuerungen… Ein Standbein der neuen Strategie war die Kontrolle des Alkoholkonsums im «Rebhüsli», der schlossinternen Beiz. «Wir können heute sagen, dass dieser Entscheid richtig war», sagt die Leiterin der Beiz, Erika Eichenberger.

 

2002

Ähnlich wie ein Jahr zuvor beim Swissair-Grounding war die Schweizer Bevölkerung erschüttert über den Niedergang eines weiteren Traditionsunternehmens. Für direkt betroffene Milchverarbeiter, die wie Schloss Herdern an die Swiss-Dairy-Food lieferten, war die Pleite eine echte Herausforderung.

 

Im Herbst konnte Schloss Herdern versuchsweise unter der Leitung von Marianne Bosshard, Arbeitsagogin, einen neuen Bereich eröffnen. Nach intensiver Vorarbeit wurde das Projekt «Führen der Katzenpension ͔‹chateau bastet› anfangs Oktober in die Tat umgesetzt werden. Ziel dieses Projektes ist, psychisch beeinträchtigten Frauen attraktive, alternative Arbeitsplätze anzubieten, um dabei die therapeutische Wirkung von Katzen auf den Menschen zu nutzen.

Heimplätze, wie Schloss Herdern sie anbietet, sind begehrt. Aus den Anfragen zu schliessen ist die Nachfrage stetig am Steigen. In diesem Jahr musste die Institution eine Warteliste einführen, da das Wohnheim das ganze Jahr über voll ausgelastet war.

 

2003

Über 140 Lastwagen vollgestopft mit alten Hosen, zerschlissenen Leintüchern, abgetragenen Hemden, Unterwäsche, Schürzen oder ausgedienten Tischtüchern wurden während diesen 20 Jahren zu Putzlappen verarbeitet. Anders ausgedrückt sind das 400 Tonnen alter Textilien, die Schloss Herdern einer neuen Verwendung zuführte.

 

Obwohl die Katzenpension mit vier geschützten Arbeitsplätzen ein absolutes Bedürfnis wäre, sowohl aus Sicht der Katzenhalterinnen als auch der Behinderten, wurde die Finanzierung des Projekts von Bund und Kanton abgelehnt. Das entstandene Betriebsdefizit kann nicht vom übrigen Betrieb von Schloss Herdern aufgefangen werden. Deshalb wurde es unumgänglich, dass Marianne Bosshard die Schliessung der Katzenpension per Ende April 2004 bekannt geben musste.

 

2005

«Mass halten» heisst aber nicht «zu Tode sparen» oder «nichts mehr investieren», sondern bedeutet, die Mittel noch gezielter für Projekte einzusetzen, die unseren Bewohnern und unseren Mitarbeitern jeden Tag dienen. Es braucht auch Zeit für die Umsetzung guter Vorschläge. Zum «Mass halten» gehören deshalb auch das Vorausdenken und Vorausschauen. Das wiederum ist nur möglich, wenn niemand den Kopf hängen lässt. (aus Vorwort von Martin Huber)

 

2006

Für mich hat jede Büez etwas Gutes. Mit gutem Werkzeug kann man gute Arbeit machen und hier ist das so. Eigentlich habe ich nichts zu reklamieren. Man darf nie sagen «das kann ich nicht». Man kann es ja probieren. Priorität hat, dass man den Frieden hat während der Arbeitszeit. (Bewohner F.E.)

 

2009

Erfreulich in Erinnerung bleibt hingegen die Milchleistung der Kuh Willora, die für Ihre aussergewöhnliche Lebensleistung von 100'000 Kilogramm Milch ausgezeichnet wurde.

Die Gemüserüsterei mussten wir im vergangenen Jahr einstellen, da neue, leistungsfähige Maschinen unsere Arbeit ablösten. Sechs Arbeitsplätze gingen verloren, die wir aber in der Industrieabteilung neu schaffen konnten.

In der Industrieabteilung nimmt das Volumen an zu bearbeitendem Material stetig zu. Wir nennen das salopp «Materialschlacht». Wir sind verpflichtet, immer mehr Lagerkapazität zur Verfügung zu halten, damit die Transporte besser koordiniert und konzentriert durchgeführt werden können. Dank des Umbaus und neuer Nutzung einer mehrheitlich leerstehenden Scheune konnten wir wieder einiges an Lagerplatz dazu gewinnen.

Generell werden die Bewohner immer älter und benötigen deshalb medizinisch wie auch pflegerisch mehr Betreuung. Für diese ältere Klientel sind wir optimal eingerichtet. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass Schloss Herdern künftig vermehrt von jüngeren Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchtproblemen aufgesucht wird. Dieser Trend rührt daher, dass viele Kliniken keine Langzeitaufenthalte respektive Langzeittherapien mehr anbieten. Darum werden Menschen trotz chronischem Krankheitsverlauf entlassen und sind somit auf eine Anschlusslösung in Institutionen wie Schloss Herdern angewiesen. Für viele von ihnen ist es aber schwieriger, eine optimale Lösung zu finden. Dadurch kommt es vor, dass einige nur kurz bleiben und sich später für eine andere Einrichtung entscheiden. Diese Kurzaufenthalte sind in administrativer und personeller Hinsicht aufwändiger. Folglich sind Anpassungen der Strukturen und ein Umdenken in einigen Bereichen unumgänglich.

Ein beachtlicher Teil der Bewohner ist übergewichtig. Verordnete Diäten sind wenig erfolgsversprechend, weil die Kooperation oft nur gering ausfällt. Damit die Bewohner trotzdem nicht zusätzlich an Gewicht zulegen oder es im Idealfall sogar reduzieren können, greift Schloss Herdern auf die Unterstützung einer erfahrenen Ernährungsberaterin zurück. Ziel dabei ist, durch die Wahl der Lebensmittel und deren Zubereitung Kalorien einzusparen, ohne dass die Bewohnerinnen und Bewohner eine richtige Diät machen müssen. Eine sanfte Methode, die hoffentlich Früchte tragen wird.

Nach 15 Jahren mit kontrolliertem Alkoholausschank zeichnet die Institution ein durchwegs positives Bild: Die Exzesse haben abgenommen und der soziale Zusammenhalt unter den Bewohnerinnen und Bewohner ist stärker geworden. Der Betrieb der heiminternen «Beiz» sollte folgenden Zielsetzungen folgen:

·         Reduktion des nicht gestatteten Alkoholkonsums in den Zimmern

·         Verminderung von Alkoholmissbrauch und Berauschungsfällen an Wochenenden

·         Förderung der aktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Sucht.

·         Förderung der sozialen Kontakte zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern anstatt   Rückzug ins eigene Zimmer

·         Förderung von Selbständigkeit und Selbstbestimmung

 

Durch die Einführung des kontrollieren Alkoholverkaufs hat sich die Situation «rund um den Alkohol» merklich beruhigt. Die Bewohnerinnen und Bewohner schätzen das Angebot des Internen Beizli sehr. Fest steht jedoch auch, dass alkoholkranken Menschen allein mit dem Verkauf von Alkohol nicht geholfen werden kann. Diese Massnahme kann höchstens zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen. Therapeutische Unterstützung ist weiterhin nötig. (Auszüge aus «Der kontrollierte Alkoholausschank hat sich bewährt» von Heimleiter Edwin Bosshard)

 

2010

Etwa die Hälfte aller Bewohnerinnen und Bewohner lebt mehr als 15 Jahre bei Schloss Herdern. 

 

Neue Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner sowie neue Standards führten zu einer markanten Steigerung der verarbeiteten Wäschemenge von 23,5 Tonnen im Jahr 2005 auf 28,6 Tonnen 2010. 

 

2011

Schloss Herderns Käsermeister macht Meister-Käse: Arnold Bänteli erlangte an der Olma 2011 die Auszeichnung für den besten Tilsiter.

 

2012

Eine gute Unternehmenskultur ist das entscheidende Motivationsinstrument, denn sie vermittelt allen – Bewohnerinnen und Bewohnern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. (aus Vorwort von Armin Strom)

 

2013

Massnahmenplanung Vertrieb und Marketing von «Genuss Wein Design» beginnt zu fruchten: Auf erste Ergebnisse weisen die Produktionszahlen 2013 hin, die eine Zunahme über 22 Prozent der Genuss-Produkte im Glas und eine Zunahme über 43 Prozent bei der Weinproduktion anzeigen.

Vor elf Jahre kaufte Schloss Herdern das erste Trocknungsgerät. Ein Bewohner trocknete während acht Monaten im Jahr an ein bis zwei Tagen pro Woche Obst und Gemüse. Heute gibt es in der Dörrerei je nach Saison drei bis fünf betreute Arbeitsplätze und wir arbeiten zwölf Monate im Jahr…. Seit diesem Jahr sind wir der Abteilung Genuss Handwerk angegliedert. (aus Bericht von Susanne Zellweger)

Da die Leistungsfähigkeit bei Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen nicht nur von Tag zu Tag, sondern oft auch innerhalb eines Tages schwankt, müssen die Betreuer einen täglichen Spagat zwischen Fordern und Fördern machen – und das oft noch unter Termindruck.

 

Denn jeder Mensch, unabhängig von seiner Ausgangslage, soll die Möglichkeit haben, sein Bestes zu geben und darauf stolz zu sein. 

 

2014

An den Swiss Cheese Awards 2014 in Rapperswil-Jona überzeugte unser Rohmilchtilsiter die Jury. Über 100 Spezialisten prüften 817 Produkte nach einem einheitlichen, strengen Reglement. Beim Tilsiter Switzerland vermochte unser Käse zu überzeugen und erhielt eine Silbermedaille.

 

2015

Die Bewohner des Schlosses erarbeiten zusammen mit den Angestellten auch eine namhafte Wertschöpfung… Knapp die Hälfte der Einnahmen in der Jahresrechnung sind Erträge aus Arbeit… Einfach dargestellt kann mit einem Franken Staatsgeld ein zweiter Franken produktiver Ertrag erwirtschaftet werden. Schloss Herdern ist mit dieser Wirtschaftsweise ein Vorzeigeunternehmen in der modernen, nachhaltigen Gesellschaft, wo es darum geht, den wirtschaftlichen Erfolg und die sozialen Kosten im Gleichgewicht zu halten. (aus Vorwort von Martin Huber)

 

2016

Die Genussküche und das Kreativatelier beschäftigen 25 Klientinnen und Klienten. Während der Bohnenrüstzeit bekommen wir zeitweise auch Unterstützung aus der Werkstatt und der Hauswirtschaft. Wir versuchen, auch einfache Tätigkeiten anzubieten, um möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen.

 

Das neue Aufgabengebiet «Arbeitsintegration» wird von allen Schloss-Mitarbeitenden Engagement und Flexibilität erfordern. Dabei sollen Flexibilität, Vielfalt, Qualität und Zuverlässigkeit sowie unternehmerisches Handeln wichtige Grundsätze bei der Auftragsausführung für Dritte bleiben. Wenn wir das meistern, schaffen wir für Integrationswillige ein Sprungbrett in die Arbeitswelt – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. (aus «Sprungbrett in die Arbeitswelt» von Mani Ritz)

 

2017

Angesichts der zunehmenden kritischen Haltung der Gesellschaft wird die breite Unterstützung durch die Vereinsmitglieder für Schloss Herdern immer wichtiger. Unsere Vereinsmitglieder sind Menschen, welche unser Konzept von sozialer Fürsorge und geschäftlicher Tätigkeit mittragen und vor allem auch emotional unterstützen. Diese Unterstützung spüren die Mitarbeitenden im Schloss. Sie ist Motivation für engagierte Arbeit. Und eine gute Arbeit ist entscheidend, wenn auch in Zukunft das Heim voll besetzt sein soll. (aus Vorwort von Martin Huber)

 

Das Genuss Handwerk gewann für das Boskop-Apfelmus und für das Mini-Kiwi-Chutney am Schweizer Wettbewerb für Regionalprodukte im jurassischen Courtemelon/Delémont die Bronze-Medaille und für das Apfel-Peperoni-Chutney die hervorragende Silber-Medaille.